Das Entwicklungsministerium soll 2025 eine knappe Milliarde Euro weniger erhalten als dieses Jahr. Schlimmer noch: Das Außenministerium soll für humanitäre Hilfe, die etwa Kriegs- und Flutopfern das Überleben sichert, nur noch rund halb so viel Geld haben wie 2024. Dabei muss zum Beispiel das Welternährungsprogramm bereits Überlebensrationen für Vertriebene einschränken, weil staatliche Geber knausern. Man kann nur hoffen, dass der Bundestag das nicht durchwinkt.
Dieser rot-gelb-grüne Etat atmet den Geist des nationalen Egoismus. Finanzminister Christian Lindner sagt, Entwicklungszusammenarbeit (EZ) müsse mehr dem „deutschen Staatsinteresse“ dienen. Tut sie doch, entgegnen ihre Verteidiger gern: Armut zu bekämpfen, verringere etwa ungeregelte Migration und die Chancen für Terrororganisationen, junge Leute zu rekrutieren. Das übertreibt leider die Möglichkeiten der Entwicklungspolitik. Ihre Mittel zur Stärkung von Frieden, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind im Einzelfall wichtig, aber insgesamt hat EZ allein hier wenig bewirkt.
Kurzsichtiger Begriff vom "deutschen Interesse"
Die eigentliche Frage ist: Liegt das, was die EZ bei all ihren Mängeln leistet, wirklich nicht im deutschen Interesse? Was ist das und wer legt fest, was uns so wichtig nicht sein soll? Dank Hilfe für das Gesundheitswesen armer Länder konnten etwa HIV/Aids und die Kindersterblichkeit weltweit zurückgedrängt werden. EZ trägt dazu bei, in Projektgebieten Armut zu lindern. Sie stützt Menschenrechts- und Klimaaktivisten und wirkt darauf hin, dass für unsere Textil- und Rohstoffimporte weniger Menschen im globalen Süden vergiftet, ausgebeutet oder vertrieben werden. Und sie kann Vertrauen und Einfluss in Entwicklungsländern fördern. Das alles klappt nicht immer, ist aber stets den Versuch wert.
Doch die Regierung will sich jetzt, abgesehen von der Ukraine, wohl auf das Wohl der Deutschen konzentrieren. Dieses enge und kurzsichtige Verständnis von nationalen Interessen wird die AfD freuen. Unsere Gesellschaft ist reicher als je und kann Geld für Hungernde und für faire Partnerschaften mit armen Ländern aufbringen, wenn auch Reichere ihren Beitrag leisten – zum Beispiel mit mehr Steuern auf Kapitalerträge, große Vermögen und Erbschaften. Dass der Einsatz für gerechtere Nord-Süd-Verhältnisse in unser aller Interesse liegt, auch wenn er nicht unser Sozialprodukt mehrt, war früher breit akzeptiert, gerade in der SPD und bei den Grünen. Seit der Zeitenwende müssen wir nun dafür streiten.
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